Homöopathen benutzen häufig ein sehr spezielles Vokabular, das sie sich durch die Lektüre von Samuel Hahnemanns Schriften zueigen gemacht haben. Meist denken sie gar nicht mehr darüber nach, dass Ihnen der eine oder andere Begriff vielleicht nicht vertraut ist. Für Neulinge in der Homöopathie können diese Begriffe recht verwirrend sein. In diesem Blog werde ich daher nach und nach ein kleines klassisch homöopathisches ABC für alle zusammenstellen, die es genauer wissen wollen. Ein kleiner Tipp: Tauchen in einem Eintrag fett gedruckte Begriffe oder ein Link auf, so gibt es zu diesem Begriff einen eigenen Eintrag im ABC oder Sie finden auf einer anderen Seite von www.thp-helmich.net Informationen dazu. Viel Spaß beim Schmökern!
A
wie …
– Ähnlichkeitsprinzip: Um das „Ähnlichkeitsprinzip“ rankt sich fast die gesamte Theorie der Homöopathie. Die von Hahnemann formulierte Theorie besagt, dass eine Krankheit durch die Gabe einer Arznei aufhebbar ist, die an einem gesunden Wesen die so ähnlich wie möglichen Symptome auszulösen im Stande ist (also eine von Hahnemann „Kunstkrankheit“ genannte Reaktion auslöst). Das klingt jetzt erst einmal komisch und vor allem kompliziert. Also noch einmal von vorne. Ich gebe eine stark verdünnte und potenzierte Substanz, die ganz ähnliche Symptome am gesunden Wesen auslöst, wie ich sie durch meine Krankheit zeige. Wie soll denn das gehen und warum kann ich denn nicht einfach die Substanz, die die Krankheit ausgelöst hat, homöopathisch potenzieren und dann die Krankheit angehen, z. B. also mit Apis mellifica (Honigbiene) einen Bienenstich behandeln und nicht mit Vespa (Wespe)? Ich möchte zur Erklärung folgende Situation heranziehen:
Stellen Sie sich vor, Sie haben aus Versehen mit einem Permanent Marker an ein Whiteboard geschrieben. Mir ist exakt das einmal passiert. Wischen half nichts. Ich war verzweifelt und vor allem sicher, die Tafel ruiniert zu haben. Da lächelte mich eine Mitstudentin an und sagte: „Schreib einfach über die Schrift noch einmal mit einem Whiteboardstift und dann kannst du es wegwischen.“ Ich hielt meine Mitstudentin zuerst für verrückt, dann dachte ich aber: „Zu verlieren hast du nichts, im Zweifelsfall musst du eben eine neue Tafel besorgen“. Und sie hatte recht. Die „Krankheit“ Permanent Marker wurde durch den „Ähnlichen“ Whiteboardmarker überdeckt und ließ sich dann entfernen. Dies passiert nicht, wenn ich noch einmal mit dem Permanent Marker über die Schrift schreibe. Auch wenn der Whiteboardmarker in diesem Fall natürlich keine homöopathisch potenzierte Arznei gegen wasserfeste Stifte ist, beschreibt dieses Beispiel, wie ich finde, sehr gut das Ähnlichkeitsprinzip. Wichtig ist zu Hahnemanns Theorie ergänzend vielleicht noch zu sagen, dass der Impuls durch das nach dem Ähnlichkeitsprinzip gewählte Mittel immer ein wenig stärker sein muss, als die Krankheit, die im Körper vorhanden ist. Aber dazu mehr im Eintrag Potenz/Dosierung.
– Anamnese: Das griechische Wort anámnēsis bedeutet „Erinnerung“. Der Begriff wird im medizinischen Kontext, also auch von Schulmedizinern für die Erhebung der Krankheitsgeschichte verwendet. Für Homöopathen jedoch geht die Anamnese weiter. Hahnemann begriff nicht nur die Krankheitssymptome des Lebewesens als Ausdruck des persönlichen Leidensbildes, sondern auch jene ungewöhnlichen Eigenheiten, die beinahe jedes Wesen aufweist (siehe ABC-Eintrag zu „Paragraph 153). Erst in einer möglichst vollständigen Abbildung des Wesens, seiner Reaktion auf eine Erkrankung, seiner Empfindungen und seiner Lebensumstände wird die homöopathische Anamnese rund. Und das ist auch der Grund dafür, dass homöopathische Erst- und Folgegespräche mitunter recht lang dauern. Mehr dazu finden Sie auch hier.
– Aude sapere: Diesen lateinischen Leitsatz stellte Hahnemann seinem Organon der Heilkunst ab der 2. Auflage voran. Er bedeutet so viel wie: Wage zu wissen. Ein schöner Leitsatz eigentlich. Für Hahnemann war es essenziell, dass die Handlungen des Therapeuten, aus „deutlich einzusehenden Gründen“ erfolgten, also stets nachvollziehbar und logisch begründbar waren. Er forschte immer weiter und wollte es ganz genau wissen. Das galt für die Krankheitsgeschichten seiner Patienten genauso wie für die Ergründung von Arzneimittelwirkungen.
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wie …
– Paragraph 153, kurz: der „153er“: Der Paragraph 153 in Samuel Hahnemanns Organon der Heilkunst ist einer der zentralsten Paragraphen in seiner Abhandlung über die Anamnese und insbesondere die Arzneimittelfindung. Er beschreibt hier, dass zur Mittelfindung besonders die „auffallendern, sonderlichen, ungewöhnlichen und eigenheitlichen (charakteristischen) Zeichen und Symptome des Krankheitsfalles“ heranzuziehen sind. Mit anderen Worten: Alles, was ihr Tier an ungewöhnlichen Angewohnheiten oder Vorlieben hat. Ihr Hund frisst gern Chili-Chips, wenn er Durchfall hat? Dann kann das einer/einem Tierhomöopathin/Tierhomöopathen schon einmal die Äußerung „Das ist ja mal ein echt guter 153er“ entlocken.
– Potenz/Dosierung:
– Repertorisation: Dieser Begriff leitet sich von einem weiteren Begriff ab, der in der Homöopathie verwendet wird, dem „Repertorium“. Ein homöopathisches Repertorium ist ein Nachschlagewerk aller Symptome/Rubriken, die in Zusammenhang mit der Prüfung eines homöopathisches Arzneimittel an gesunden Menschen aufgetreten sind bzw. die durch die Behandlung mit einem bestimmten Arzneimittel behoben werden konnten. Nach der Anamnese sammelt der Homöopath zunächst alle auffallenden, das Wesen und das Krankheitsbild am eindrücklichsten beschreibenden Symptome und sucht dann die entsprechenden Rubriken im Repertorium. Am Ende dieser Suche steht die Auswertung aller Rubriken. Sie zeigt, welche Mittel dieses spezielle Symptomenbild am ähnlichsten wiedergeben. Diese Auswertung wird auch Repertorisation genannt. Sie kann von Hand mithilfe einer Tabelle erstellt werden, oder auch mit einem Computerprogramm.